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Wasserschlange

Die Our hat ihre Quelle im Bereich der Maas-Rhein-Hauptwasserscheide, genauer gesagt im Losheimer Wald in der westlichen Hocheifel. Dort beginnt sie auf 640 Meter über dem Meeresspiegel ihren 95 km langen Weg in Richtung Süden. Ihr Einzugsgebiet erstreckt sich über 720 km², das am Anfang noch eine relativ breite Form hat. Im Ösling wird das Einzugsgebiet asymmetrisch und schmaler. Nach dem Zufluss der Irsen hat es nur noch eine durchschnittliche Breite von etwa 4-5 km.

Das Abflussregime der Our ist sehr unregelmäßig, was auf die geringe Durchlässigkeit und Speicherfähigkeit des geologischen Untergrundes zurückzuführen ist. Niederschlag wird also nicht so gut gespeichert und fließt zum großen Teil direkt in die Our. Trotzdem kann man jahreszeitliche Schwankungen im Abfluss erkennen. Den höchsten durchschnittlichen Wasserstand erreicht die Our normalerweise im Dezember oder Januar. Ihren niedrigsten Stand hat sie im August und September.

Von ihren Eigenschaften und ihrer Entstehung her gesehen, wird die Our als Mittelgebirgsbach bezeichnet. Diese entstehen aus dem Zusammenfluss mehrer Quellbäche und haben relativ niedrige Wassertemperaturen im Sommer. Weitere Kennzeichen sind hohe Strömungsgeschwindigkeiten und ein ausgeprägtes Lückenraumsystem der Sohle, das man hyporheisches Interstitial nennt. Stellenweise wird die Our jedoch durch Wehre, vereinzelte Staustufen oder fehlende Beschattung durch Ufergehölze in ihrer Geschwindigkeit und Wassertemperatur so verändert, dass sie die Eigenschaften eines Flusses aufweist.

Ab dem Dreiländereck zwischen Belgien, Deutschland und Luxemburg bildet sie die Grenze zwischen Luxemburg und Deutschland. An dieser Stelle ist wohl eine der Besonderheiten der Our zu nennen. Sie ist Kondominium, das bedeutet, dass die Our sowohl deutsches als auch luxemburgisches Herrschaftsgebiet ist. Nur auf der Höhe von Vianden erstreckt sich Luxemburg mit der Gemeinde Vianden über die Our weiter nach Osten.

Bei Wallendorf mündet die Our schließlich in die Sauer.

 
Wanderbrücke am Dreiländereck

Entstanden ist die Our durch eine starke, rückschreitende Tiefenerosion. Die Our hat sich also ausgehend von ihrer Mündung immer weiter in das Gestein eingegraben. Sie steht aber in diesem Fall nur als Beispiel für fast alle Flüsse im Ösling, die auf diese Art entstanden sind. Dadurch wurden die ehemals zusammenhängenden Rumpfflächen der Hochebene in kleinere Flächeneinheiten geteilt.

Von Osten begrenzt die Leidenborner Hochfläche mit einer durchschnittlichen Höhe von 520 Metern das Ourtal. Im Westen wird das Tal durch Riedel um die Ortschaften Heinerscheid und Hosingen sowie dem Nikolausberg begrenzt.

Kerben und Schlingen

Das Ourtal ist gekennzeichnet durch sehr enge, tief eingeschnittene Kerbtäler, die sich mit breiteren Talabschnitten abwechseln. Die Breite der Talsohle schwankt zwischen 20 und 200 Metern, kann aber streckenweise auch ganz fehlen. In den schmalen Bereichen konnte daher auch keine Landwirtschaft betrieben werden oder gar Siedlungen entstehen. Zudem sind im Oberlauf der Our die Uferbereiche stark versumpft.

Folgen wir einmal der Our ihrem Verlauf durch Luxemburg vom Dreiländereck im Norden bis zur Mündung in die Sauer bei Wallendorf. Zwischen Ouren und Dasburg gibt es nur wenige Stellen, an denen sich ein Talboden gebildet hat. So zum Beispiel bei der Kalborner Mühle. Hier schlängelt sich die Our durch Wiesen, bis kurz vor Dasburg die Felswände von beiden Seiten wieder näher rücken. In den Engtalbereichen bilden sich Stromschnellen, Strudellöcher und Hohlkehlen, die von der anhaltenden Erosionskraft der Our zeugen.

Die Kasselslay ist eine dieser Felswände, an der sich ein kleiner Wanderpfad entlang windet. Hier fließt die Our auch direkt über das anstehende Gestein.

Nach Dasburg wird das Tal weiter. Links und rechts der Our gibt es Wiesen und auch ein paar kleine Ortschaften und die treppenförmig ansteigenden, flacheren Hänge nehmen an Breite zu. Ab Gemünd wird das Tal wieder schmaler. Die Talflanken und Klippen steigen etwa 80 Meter steil empor.

Bei Bivels hat sich eine große Mäanderschleife gebildet und die Talwände sind steiler. Bis zu 280 Meter erhebt sich hier die Hochebene über die Our.

Bei Vianden prägt der Mensch den Lauf der Our. Hier hat der Bau des Pumpspeicherkraftwerkes das Aussehen der Our verändert.

Nach Vianden fließt die Our durch ein Kastental, das bei Bettel bereits so breit ist, dass man neben den Weiden auch Äcker finden kann. In den breiteren Talabschnitten bildeten sich auch die (wenigen) Ortschaften im Ourtal.

Die Mäander sind im Ourtal gut erkennbar. Ihre Ausprägung wird mit zunehmender Größe und Erosionskraft der Our immer stärker. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Ufer nur auf kleinen Abschnitten künstlich befestigt oder reguliert sind. Die Mäander entstehen zum einen Teil dadurch, dass das Wasser träge ist. Dadurch fließt das Wasser am kurvenäußeren Ufer schneller und bewirkt folglich eine stärkere Erosion. Es entsteht ein Prallhang. Im Kurveninneren ist die Strömung dagegen langsamer. Hier bildet sich der Gleithang. Dieser Effekt führt dazu, dass sich einmal bestehende Kurven immer stärker ausprägen. Das geht soweit, dass sich irgendwann zwei benachbarte Schlingen berühren. Das Wasser nutzt dann diese Abkürzung und es entsteht ein Altwasser, das mit der Zeit verlandet. Das vom Altwasser umgebene Gebiet nennt man dann Umlaufberg.

 
Wanderpfad an der Kasselslay



Kerbtal



Mäander



breites Tal

Die Mäanderbildung im Ourtal wurde aber auch vom Gesteinscharakter der devonischen Schichten bestimmt. Diese Schichten haben eine unterschiedliche Härte und werden somit verschieden stark erodiert. Das Wasser folgt natürlich dem Gestein, das es am leichtesten abtragen kann.

Ourtal-Überflug mit Google Earth

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Natur p(o)ur

Das Ourtal hat es dem Menschen durch seine steilen, engen Täler schwer gemacht sich anzusiedeln. Dadurch ist das Tal auch nicht stark erschlossen. Besonders zwischen Ouren und Dasburg führen lediglich ein paar Wanderwege in und durch das Tal. Das macht das Ourtal zum Einen landschaftlich sehr reizvoll und zum Anderen hat es einen hohen ökologischen und biologischen Wert. Es bietet ein Rückzugsgebiet für seltene Pflanzenarten und -gesellschaften und man kann hier noch gefährdete Tierarten wie die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera), Wildkatze (Felis silvestris) oder den Eisvogel (Alcedo athhis) finden.

Als Fließgewässer spielt die Our nicht nur für die Bildung des Tales an sich eine Rolle. Sie versorgt die wasser- bzw. feuchteabhängige Vegetation und bietet selbst Lebensraum für eine vielfältige Gewässerflora und -fauna.

Die Our hat viele Zuflüsse, die größtenteils aus Westen in die Our münden. Diese Quellbäche verlaufen aufgrund des steilen Reliefs vorwiegend geradeaus und haben sich, wie die Our, V-förmig in den Untergrund eingegraben. Die Bachsohle ist blockreich und man kann hier unter anderem den Alpenstrudelwurm (Crenobia alpina) und den Bachflohkrebs (Gammarus fossarum) finden. In den Wäldern behält der Bach durch die Beschattung seine konstant niedrige Temperatur. Auf den Hochflächen fließen die Quellbäche auch durch Wiesen und Weiden. Hier ist das Bachbett eher sandig-lehmig und das Wasser erwärmt sich aufgrund der Besonnung rasch. Mit etwas Glück kann man hier eine Großlibelle beobachten: die Zweigestreifte Quelljungfer (Cordulegaster boltonii).

In der Our selbst kommen verschiedene Fischarten vor, wie zum Beispiel die Bachforelle (Salmo trutta fario). Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Fortpflanzung der Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera), die in der Our die westlichste, bekannte Population des Rheins bildet.

An den Ufern der Our kann man ebenso besondere oder selten gewordene Pflanzenarten und –gesellschaften entdecken. An manchen Stellen besiedeln noch naturnahe Wald- und Gebüschgesellschaften die Uferbereiche. Die nicht von Wald oder Gebüsch bestandenen Flächen sind in Ufernähe geprägt vom Wechsel zwischen Überschwemmung und Trockenfallen. Am häufigsten sind bei Hochwasser die Gleithänge der Mäander betroffen. Hier siedeln sich vor allem einjährige Pionierpflanzen an, die auch „Schlammzwerge“ genannt werden. Das sind unter anderem die Krötenbinse (Juncus bufonius) oder das Sumpf-Ruhrkraut (Gnaphalium uliginosum). Viele Arten haben sich auch den regelmäßigen Überschwemmungen mit ihrer Fortpflanzung angepasst und bilden nicht nur Samen, sondern auch Ableger. Diese Ableger können sich bei Hochwasser von der Mutterpflanze trennen und weggespült werden, um sich dann an einer anderen Stelle anzusiedeln.

 
Blätter der Pestwurz



Blüte der Pestwurz

Eine weitere Strategie sich schnell und effektiv anzusiedeln hat zum Beispiel die Pestwurz (Petasites albus) entwickelt. Sie bildet neue Triebe an ihren Wurzel und nutzt so offene Flächen, die zum Beispiel durch ein Hochwasser entstehen.

Auch Rainfarn (Tanacetum vulgare) und Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) haben sich in dieser Form angepasst.

Neben diesen Arten können sich aber auch Pflanzen mit anderen Ausbreitungsmechanismen ansiedeln. Der Giersch (Aegopodium podagraria) oder die Brennessel (Urtica dioica) bilden oft so dominante Bestände, dass sich andere Arten, die sich nicht so erfolgreich ausbreiten, kaum durchsetzen können.

An etwas höher gelegenen Stellen, wie dem Prallhang können andere Arten Fuss fassen. Bereits am Duft kann man die Acker-Minze (Mentha arvensis) erkennen. Daneben gedeihen hier auch Sumpfdotterblume (Caltha palustris) und Sumpfvergissmeinnicht (Myosotis scorpioides), die die Feuchtwiesen mit ihren bunten Blüten beleben. Das gilt nicht nur für das menschliche Auge. Auch wiederum viele Tierarten profitieren von der Artenvielfalt oder sind sogar darauf angewiesen.

Speziell die Ufervegetation übernimmt auch noch die Festigung der Ufersäume mit ihren Wurzeln. Ohne diese Pflanzen würde der Boden viel einfacher vom Wasser weggespült werden.