Nasse Füße
Regen fällt im Grunde reichlich im Ösling. Doch trotz des ergiebigen Niederschlags kommt es immer wieder zu Wassermangel. Schuld daran ist der Schiefer, der nicht in der Lage ist, große Wassermengen aufzunehmen und zu speichern. Auf den Hochebenen konnten sich trotzdem Feuchtgebiete bilden, die heutzutage eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt beheimaten.
Regentropfen
Wer kennt sie nicht, die "besonders im Ösling"-Litanei:
- wenn Regen erwartet wird, dann besonders im Ösling
- wenn Gewitter im Anzug sind, dann besonders im Ösling
- wenn Stürme toben, dann besonders im Ösling
- wenn Nebel herrscht, dann besonders im Ösling
- wenn Frost und Kälte drohen, dann besonders im Ösling
- wenn Straßenglätte zu befürchten ist, dann besonders im Ösling
- wenn Schnee fällt, dann besonders im Ösling
Natürlich ist das Klima in der höher gelegenen Nordregion um etwas rauer, um einige Grade frischer. Das dürfte hinreichend bekannt sein und die Frage ist, ob man alle Tage darauf hinweisen muss. Dazu: in Luxemburg sind die regionalen Wetterunterschiede der Landesgröße angepasst und bewegen sich letztendlich auf eher bescheidenem Niveau. Wenn der November auf nasskalt schaltet, durchdringt einen die Feuchtigkeit in Schifflingen so unangenehm wie in Ulflingen. Und wer den beeindruckenden Durchzug am "Forum Royal" im Luxemburger Bankenviertel überlebt hat, dem wird auch das Klima in Wiltz nichts anhaben.
Léon Braconnier, dcK 2002-3
Es fällt tatsächlich etwas mehr Regen im Norden Luxemburgs - etwa 900 mm pro Jahr. Umgerechnet sind das 900 Liter pro Quadratmeter und Jahr.
Die niederschlagsreichsten Monate sind Februar, Juli und November. Am trockensten sind der Mai und der September.
An den steilen Talhängen von Clerve und Our hat das Wasser kaum eine Chance zu versickern. Es fließt an der Erdoberfläche ab und gelangt auf direktem Weg in die Bäche und Flüsse. Darum wirken sich starke Regenfälle auch direkt die Fließgewässer des Öslings aus. Kaum fallen ein paar Tropfen Regen, steigt der Pegel von Our oder Clerve an. Umgekehrt machen sich Trockenzeiten auch schnell bemerkbar. Sind ein paar Tage oder sogar nur Stunden keine Niederschläge mehr gefallen, sinken die Wasserstände wieder.
Das hängt damit zusammen, dass sich auf dem brüchigen Schiefer nur eine dünne Bodenschicht bildet, die nur wenig Wasser aufnehmen und speichern kann. Zum anderen versickert das Wasser an den steilen Hängen nicht so schnell, wie es an der Oberfläche abfließt. Dabei reißt das Wasser Boden mit.
Auf den Hochebenen hingegen ist die Hangneigung nur sehr schwach und es konnte sich eine mehrere Meter dicke Verwitterungsschicht aus dem Tongestein bilden.
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Die Böden, die sich aus dem hiesigen Schiefer entwickeln, bestehen hauptsächlich aus tonigen Lehmen. Bei diesen Böden können sich undurchlässige Schichten bilden, auf denen sich das Wasser anstaut.
In jeder noch so kleinen Senke tritt das Wasser zu Tage und es bilden sich Feuchtgebiete oder kleine Stehgewässer.
Wassermangel und Feuchtgebiete
Das Wasser in den Feuchtgebieten war jedoch nicht geeignet oder ausreichend um es als Trinkwasser zu nutzen. Anders als im Gutland fehlen auch die wasserführenden Schichten, die für eine zuverlässige Trinkwasserversorgung notwendig wären. Aus diesem Grund wird seit den 1950er Jahren das Trinkwasser zum größten Teil aus dem Stausee bei Esch an der Sauer gewonnen und über das Gemeindesyndikat DEA (Distribution d’Eau des Ardennes) verteilt.
Wassermangel auf der einen und Feuchtgebiete auf der anderen Seite sind typisch für das Ösling, da in den Quarz- und Schiefergesteinen das Wasser nur sehr wenig zirkulieren kann. Außerdem gibt es eine schwache äußerst undurchlässige, helle Tonschicht, die dafür sorgt, dass sich das zirkulierende Wasser anstaut und stehen bleibt.
Quellen gibt es viele, vor allem im mittleren Ourtal. Sie führen aber, aufgrund des anstehenden Schiefergesteins nicht immer Wasser. So kann es nach mehreren trocken Tagen, Wochen oder gar Jahren dazu kommen, dass eine Quelle versiegt. Sobald die wasserführende Schicht, die die Quelle speist, wieder aufgefüllt ist, kommt die Quelle wieder zum Vorschein.
Man unterscheidet viele verschiedene Quelltypen: Sturz-, Sicker-, Fließ-, Tümpel- und Sumpfquellen. Am häufigsten findet man im Norden Luxemburgs relativ großflächige Sickerquellen. Fließ- und Sturzquellen sind wegen der geologischen Voraussetzungen eher selten.
An den Quellen bilden sich typische Pflanzengesellschaften, die vom Fachmann auch Quellfluren oder Montio-Cardaminetea genannt werden. Hier wachsen hauptsächlich das gegenständige Milzkraut (Chrysosplenium oppositifolii), Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara) und wechselblättriges Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium). Direkt an diese feuchten Zonen grenzen Nass- und Feuchtwiesen, Sümpfe oder spezielle Waldgesellschaften, wie der Winkelseggen-Erlen-Eschen-Quellwald sowie feuchte Ausprägungen der Buchen- oder Hainbuchenwälder an.
Gut versteckt an der Unterseite von Falllaub und im Schatten versteckt sich an den Quellen ein winziges Weichtier: die Dunkers Quellschnecke (Bythinella dunkeri). Diese Art benötigt eine sehr gute Wasserqualität und gleich bleibende Wassertemperaturen und kommt nur in nährstoff- und kalkarmen, aber nicht sauren Gewässern vor. Auch die Quell-Erbsenmuschel (Psidium personatum), blinde grundwasserbewohnende Krebstiere und Steinfliegen fühlen sich hier wohl.
Die Feuchtgebiete auf den Hochebenen des Öslings können meistens nicht ackerbaulich genutzt werden. Wenn überhaupt, werden diese Flächen als Wiesen oder Weiden genutzt. Sobald jedoch die Nutzung zu aufwendig wird, fallen diese brach. Nach und nach beginnt das nicht mehr genutzte Gras zu verfilzen und es kommen immer mehr Hochstauden, wie zum, Beispiel Mädesüß auf. Es beginnt eine Entwicklung hin zu Gehölzen oder sogar Wald. In vielen Fällen wurden die feuchten Standorte auch mit Fichten oder anderen standortfremden Gehölzen aufgeforstet.
Die offenen Feuchtgebiete stellen ein wichtiges Rückzugsgebiet für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten dar. Darunter sind auch bedrohte und seltene Arten, wie der Schwarzstorch (Ciconia nigra).
Naturschutzgebiet Cornelysmillen
Im Naturschutzgebiet Cornelysmillen bei Troisvierges kann man auf einem Naturlehrpfad viele dieser seltenen Arten beobachten. Der Lehrpfad beginnt am Bahnhof von Troisvierges und führt über einen kleinen, steilen An- und Abstieg direkt in das Naturschutzgebiet. Auf einem Steg geht es entlang der Bahnstrecke vorbei an Mädesüßfluren, in denen im Sommer die Bienen summen. Nach etwa 600 Metern biegt der Weg auf die ehemalige Bahnstrecke von Troisvierges nach St. Vith ab, die 1962 stillgelegt und anschließend abgebaut wurde.
Auf dieser Strecke kann man bereits einen ersten Blick auf die Cornelysmillen erhaschen, nach der das Naturschutzgebiet benannt ist. Nach einem kleinen Stück, das an der Straße von Troisvierges nach Basbellain entlangführt, biegt man auf einen Feldweg ab. Hier führt der Weg zu den Weihern und einem Beobachtungsstand, von dem aus man die hier brütenden Vögeln beobachten und sich ein wenig ausruhen kann.
Wieder zurück auf dem Weg überquert man bei Geisbréck die Woltz, die die Weiher mit Wasser versorgt.
Wenn man möchte, kann man nach Überqueren der Bahnstrecke den Lehrpfad abkürzen und geradeaus nach Biwisch wandern. Doch wir biegen nach rechts ab und folgen durch die Äcker und Wiesen dem Wirtschaftsweg. Wieder geht es ein kurzes Stück an der Bahnlinie entlang, bis ein Fußpfad in das Feuchtgebiet Déiwéfuert führt. Mit etwas Glück flattert hier der violette Feuerfalter an einem vorbei.
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Nachdem man das Feuchtgebiet durchquert hat, wandert man durch den schattigen und im Sommer angenehm kühlen Wald bis nach Biwisch und anschließend wieder zurück zum Bahnhof in Troisvierges, dem Ausgangspunkt dieser schönen Wanderung.
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